Trampen in… (14) Kolumbien

Road Colombia
Road Colombia

Kolumbien sollte das allerletzte Land auf meiner Südamerika Tour sein und da ich vorher nur gutes über Menschen, Natur und Essen gehört hatte, ging ich Vorurteilsfrei und freudig an die Sache. Das fing auch gut an, jedoch erkannte ich schnell, dass es hier kein Zuckerschlecken werden sollte. Letztendlich war meine Kolumbien Durchquerung ungefähr so schwierig zu trampen wie Spanien oder Brasilien, wenn nicht gar schwieriger. Rückblickend gibt es aus tramptechnischer Sicht nichts positives über Kolumbien zu berichten.

Statistik

Zurückgelegte Distanz: 943 Kilometer

Anzahl der Lifts: 17

Durchschnittliche Wartezeit: 48 Minuten 03 Sekunden

Standzeit Gesamt: 13 Stunden 37 Minuten

Den Log findet ihr hier.

Meine Route

Ich überquerte die Grenze Nachts bei Pasto und hatte auch direkt einen Lift dorthin. Von da aus sollte es „nur nach Bogota“ gehen. Die Route hab ich auch geschafft, allerdings innerhalb von 2 Tagen und das auf den Hauptstraßen Kolumbiens für 900km.

Menschen

Ich muss sagen von allen Menschen in Südamerika gefallen mir die Kolumbianer bisher tendenziell am Besten. Warme, offene Leute und insbesondere die Jungs hier sind zwar, wie alle Südamerikaner, etwas bossy, aber insgesamt super nett. In anderen Teilen waren besonders die männlichen Gesellschaftsteilnehmer manchmal etwas anstrengend und arrogant. Kolumbien ist da entspannter. Außerdem muss ich sagen, dass die Kolumbianer definitiv die am besten gekleidetsten Menschen auf diesem Kontinent sind. Vielleicht kommt daher auch das Klischee, dass die Kolumbianerinnen so besonders schön sein sollen.

Für mich sind die Kolumbianer recht nahe miteinander, ohne aufdringlich zu sein. Als ich die Grenze Nachts passiert hatte, hat der Spaß sofort angefangen. Fotos mit mir gemacht, gelacht, geshakert…einfach super entspannt und zum wohlfühlen.

Straßen

Ich dachte Chile hätte wenig Platz und bewertete das negativ. Ich war in Ecuador und sah es geht schlimmer. Und dann kam ich nach Kolumbien und das toppte nochmal alles. Im Süden speziell. Dort ist es sehr bergig, viele steile Straßen, die Leute heizen natürlich trotzdem wie die Bekloppten. Neben fehlendem Standstreifen und manchmal sogar fehlenden Gehwegen (Laufen geht dann nur in einer schrägen Regenrinne, sehr unkomfortabel) ist der Tramper hier also noch mit einem absolut schnellen Verkehr konfrontiert. Sehr viele Teile der Straße die einfach untrampbar sind. Unmöglich.

Der fehlende Standstreifen zieht sich durch das ganze Land. Es gibt wenige Kreisverkehre, Tollstationen (die allerdings auch nicht unbedingt Erfolg versprechen), viele Polizeikontrollen und einige Aduanas, wo die LKW´s ihre Ladung kontrollieren lassen und die Einfahrt obligatorisch ist.

Ansonsten sind die Straßen überraschend langsam, zumindest bis Bogota. Da kann man schonmal 8 Stunden für 200km brauchen, da es sich oft die Berge hoch und runter schlängelt und sich meist Kolonnen hinter dem langsamsten LKW bilden.

Taktik

Ich hab viel probiert. Laufen. Kein Vorteil. Normale Tramppositionen beziehen. Keiner hält an. Tollstationen. Niemand interessiert sich für euch. Aggressiv trampen, zurückhaltend trampen, mit dem Daumen, mit der flachen Hand, mit der flachen Hand winkend. Alles erfolglos. Die Leute halten einfach nicht an. Bzw. es braucht Zeit.

Wie man am besten durch Kolumbien kommt? Meine langen Lifts hatte ich alle angesprochen! Wenn ihr ins Gespräch kommt mit den Menschen, dann sind die meist aufgeschlossen und laden euch ein. Normales Trampen nicht zu empfehlen. Und wenn ihr trampt, dann gibt es nur eine Geheimwaffe für Kolumbien: Polizeikontrollen. Wann immer ich mich hinter eine Polizeikontrolle gestellt hatte, hat auch relativ schnell ein Auto angehalten. Das ist wirklich der beste Ratschlag, den ich hier geben kann. Auch in vielen Gesprächen während des Wartens (insbesondere mit Tollstation-Securities) wurde mir immer wieder empfohlen, mich in die nähe der Polizei zu stellen. Natürlich hab ich das am Anfang als den üblichen sinnlosen Ratschlag aufgefasst, aber es machte wirklich einen Unterschied.

Ansonsten helfen noch Positionen, wo der Verkehr wirklich wirklich langsam an euch vorbeizieht. Wirklich langsam in Schrittgeschwindigkeit. Ich habe generell das Gefühl durch die ganze Guerilla und den anhaltenden Konflikt sind die Menschen arg gehemmt anzuhalten, wenn jemand am Straßenrand steht. So lange wie in Kolumbien habe ich in keinem anderen Land gewartet. Auch wenn meine Statistiken mit Vorsicht zu geniessen sind, so hat Kolumbien nicht umsonst die Spitzenposition eingenommen.

Impressionen

Besonderheiten

Landschaftlich ist Kolumbien dagegen ein absoluter Traum. Ich kann das Land nur jedem empfehlen, solange ihr nicht trampen möchtet. Der Süden hat wunderschöne Berge, Wiesen, Felder und vorallem Früchte. Kolumbien hat fruchtbares Land und sehr viel leckeres und gutes Essen. Ich habe hier die beste Papaya meines Lebens gegessen.

Die offiziellen Wege möglichst nicht leichtfertig verlassen um irgendwo ins Land zu marschieren, da es vereinzelt Landminen gibt und generell die umliegende Natur teilweise von Rebellen besetzt ist. Das sind allerdings landesinterne Konflikte, die euch als Reisende normalerweise nicht betreffen werden. Die aktuelle Situation verspricht außerdem, dass bald Frieden zwischen Rebellen und der Regierung herrscht und die Landminen werden dann sicher auch bald entfernt.

Kaffee. Ja endlich wieder Kaffee, nachdem es im restlichen Teil des Kontinentes meistens nur braunes Wasser gab. Kolumbien ist eine absolute Kaffee-Weltmacht und das solltet ihr auch ausnutzen, wenn ihr mal hier seid. Morgens, Mittags und Abends.

Neben der aktuellen Miss-Südamerika kommen auch die aktuelle BMX-Weltmeisterin sowie einige begnadete Profiradsportler aus Kolumbien. Radsport wird hier geachtet und als Radreisender wird man von den Einheimischen mit offenen Armen empfangen. Ich stehe noch kurz vor meiner Radtour, aber der Ruf eilte Kolumbien schon vorraus. Bogota-Cartagena ist eine Standartstrecke und geht größtenteils bergab. Also mit Genuß! Edit: Jetzt wo ich das nochmal lese, muss ich lachen. Wie mich die Realität eingeholt hat. 800 km mit dem Fahrrad durch Kolumbien, das war kein Spaß oder doch, eigentlich schon.

Zwischen Kolumbien und Panama gibt es keine Straße, aber das berühmte Darien Gap. Schwer da durch zu trampen. Ich hatte Glück und bin mit einem Cargo Boot getrampt.

Follow my blog with Bloglovin

2 Comments

  • Also grundsätzlich geht in Südamerica alles etwas langsamer ab, zum anderen spielt auch eine rolle wer da am strassenrand steht und mitgenommen werden will, ob ein einheimicher oder ein gringo, auch das spielt in europa eine rolle. die strassen in den anden gerade chile und peru aber auch colombia können nur schmal am fahrbahnrand sein da es das gebirge ist, auch in euröpäischen gebrigen sind die standstreifen schmall bis gar nicht vorhanden und ein trampen bzw laufen ist ebenso gefährlich. zur mentalität aber sei gesagt das man gerade in colombia nur schnell weiter kommt wenn man mit den leuten redet, das ist in vielen lebenssituationen bei uns so , als gringo haste in dem fall trampen noch bessere chancen im gespräch auf grund der neugier und der daraus entstehenden unterhaltung im auto oder lkw.

    • Yo, das ist hab ich mir auch gedacht mit den Straßen. Das Problem ist halt, wenn die nocht anhalten, dann kommst du nicht zum reden. 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.