Ich bin einige Langstrecken (4000-12.000 km) in verschiedenen Ländern auf unserem Planeten getrampt. Gerade habe ich eine Stunde damit verbracht, meine Logbücher zu analysieren. Weils so schön ist. Hier die Ergebnisse: Auf meinen Routen durch Asien und Amerika hab ich stets versucht, meinen Langstreckenrekord aus Argentinien (2532km in 38h 49m; Ø65km/h von Buenos Aires nach Rio Gallegos) zu übertreffen. Am schnellsten war ich in Kazachstan von Almaty nach Aqtöbe (2221 km in 32 h 28m; Ø68km/h). Und auch in China hatte ich einen sehr guten Run von Dali nach Harbin (4589 km in 82h 38m; Ø55 km/h).
Wie schnell ihr trampt, hängt vorallem mit eurer Technik zusammen. Tagsüber wird die Geschwindigkeit eines nicht-fortgeschrittenen und eines fortgeschrittenen Trampers mehr oder weniger gleich sein. Man kann sich mit dem richtigen Equipment und Technik jedoch auch ohne Probleme Nachts bewegen. Da gibt es zwar weniger Verkehr, aber dafür fahren die Lifts weiter. Fortgeschrittene Tramper nutzen die Nacht für ihre Bewegung.
Auf meiner „Royal Stage“ von New York nach Alaska habe ich eine sehr gute Zeit erreicht, als ich Kanada durchquert habe. Ich hatte einen run von Thousand Islands USA/Kanada Grenze nach Otter Falls/Haines Junction Yukon Territorium 6071 km in 107 Stunden und 8 Minuten (Ø56 km/h). Ich behaupte das ist schneller, als selber zu fahren. Und aufgrund der angemessenen Länge dieser Tour, möchte ich es meine persönliche Bestzeit nennen.
In der russischen Tramplehre kalkuliert man die durchschnittliche Geschwindigkeit im Sommer mit ungefähr 50 km/h. Für den Winter sind ca. 40 km/h veranschlagt. Und das gilt für die meisten entwickelten Länder wie Iran, USA, Kanada, China, Rußland, Deutschland, Argentinien. Die Kalkulation muss entsprechend angepasst werden, wenn es bergiges Gelände mit vielen Serpentinen zu überwinden gilt. Prinzipiell sagt man: Je höher die Straße liegt, desto langsamer ist die Kalkulation. In technisch, schwierigeren Regionen kann die durchschnittliche Wegstrecke schonmal auf 200-300 km am Tag runter gehen. Ich persönlich hab das erfahren, als ich das bolivianische Hochland durchquert habe.
Je länger die Tour geht, desto schwerer ist es natürlich, die Geschwindigkeit hoch zu halten. Wäre ich auf meiner Kanada Route durchschnittlich 3 km/h langsamer gewesen, dann hätte ich am Ende 321km weniger Distanz zurückgelegt. 3 km/h klingt wenig, macht aber einen großen Unterschied.
Als ich angefangen habe zu trampen, haben wir immer Pi-mal-Daumen das Doppelte der normalen Fahrtzeit kalkuliert. Für Anfänger ist das eine sichere Orientierungshilfe, die ihr leicht erfüllen könnt. Wenn ihr an diesem Maßstab scheitert, dann macht ihr etwas falsch. Mit den oben genannten Routen in Süd-, Nord-Amerika, sowie Asien, kann man jedoch gut sehen, dass die Richtwerte unserer russischen Freunde durchaus realistisch sind. Besonders auf langen Strecken.
Generell ist man alleine immer ein bisschen schneller als zu zweit. Mit drei Personen wird das Trampen jedoch signifikant langsamer werden. Ländergrenzen sind immer anders, jedoch kann man durchschnittlich mit 1 Stunde Verzögerung rechnen, wenn ihr ein neues Territorium betretet. Große Städte sind ebenfalls ein Problem, besonders wenn es keine Umgehungsstraße gibt. Zwei Stunden sollten zusätzlich zur normalen Fahrtzeit eingeplant werden, wenn ihr euch durch ein Moloch wie La Paz oder Panama City kämpfen müsst. Mit oder ohne öffentliche Transportmittel. Durchquerung von Städten ist eine der schwersten Disziplinen beim Langstreckentrampen und ein Anfänger kann hier durchaus auch mehr Zeit verlieren.
Je erfahrener die Tramper sind, desto kleiner wird der Unterschied in der Bewegungsgeschwindigkeit zueinander sein. Und zwar unabhängig von Geschlecht und Alter. Wer behauptet, dass es mit einer Frau schneller geht, nur weil sie eine Frau ist, der hat vielleicht zu wenig Erfahrung, selber Autos zum Anhalten zu bewegen. Und wenn eine meiner Trampkolleginnen schneller als ich unterwegs ist, dann hat das weniger mit ihrem Geschlecht zu tun, sondern damit, dass sie die bessere Technik hat.
Generell will ich mit diesem Artikel nur zeigen, dass Trampen planbar ist und die Geschwindigkeit davon abhängt, wie gut euer Trampskill ist. Dazu gehört eure Körpersprache, Kleidung, euer Auftreten, Gestik und Mimik, wie gut kommuniziert ihr mit den Autos und wie charmant könnt ihr die Fahrer zum anhalten bewegen. Außerdem ist die Positionierung überaus wichtig und dass ihr taktische Fehler vermeidet, wie z.B. dem Fahrer überlassen, wo er euch rauslässt oder Lifts nehmen, die euch keinen Vorteil bringen. Das alles sind Parameter, die eure Geschwindigkeit mitbestimmen und diese sind weitaus wichtiger, als Glück. Wer behauptet, dass Trampen nur vom Glück abhängt, der weiß wahrscheinlich nicht, wie man richtig trampt.
Stefan, immer nur Nummern im Kopf 😛
Und dann noch 1000 LIFTS! Ich hab sogar schon den Ort ausgemacht, wo ich meine 100k km Grenze durchbreche. Das gibt auf jedenfall noch nen schönen Post! :p