Das Dixie-Klo und der langsamste Lift meines Lebens – Trampen in Zentralamerika

Endlich hatte ich meinen Fuß auf den nördlichen Teil des Amerikanischen Festlandes gesetzt. Bevor ich mich auf den Fußmarsch entlang der 40km Dschungelstrasse machte, musste ich mich aber noch mit den blutsaugenden Kuna auseinandersetzen. Nachdem wir vom Boot runter sind, stand sofort die Lancha bereit. Zu meiner Überraschung bin nicht nur ich, sondern auch der Kapitän und andere Crewmitglieder zum Landgang aufgebrochen. Keine Chance diese Lancha nicht zu nehmen. Ich hatte gehofft die wäre umsonst, hat mich dann aber doch 5$ gekostet. Mein Kapitän hat nur 2$ bezahlt. Ich hab erst Aufstand gemacht. Wieso denn fünf? Da meinten die knallhart: Für Ausländer sei es teurer. Nagut.

Dann folgte mein 40km Fußmarsch über die einzige Strasse. Es war immernoch ziemlich heiß und abartig schwül, wie an der Grenze zuvor. Nach zwei Kilometern laufen habe ich ein Auto gefunden. Ich hätte diese 40km auf keinenfall durchgehalten bei dem Wetter. Und auch die Straße war ziemlich hart durch das hügelige Dschungelterrain gepflügt. Mit viele Kurven und noch mehr Steigungen, die ich so vorher noch nicht gesehen habe. Anscheinend gibt es diese Straße erst seit 5 Jahre. Fahrtzeit vorher war 10 Stunden. Naja, gelaufen ist das in 8 Stunden. Diese Angabe halte ich mal für ein Gerücht. Nachdem ich und mein Fahrer dann den Unfall gebaut haben und von meinem Kapitän dankenswerterweise herausgezogen wurden, stand ich an einer schon geteerten Straße Richtung Panama City.

Ein Hoch auf unsern Busfahrer!

Als ich dort wartete, sammelte sich eine Gruppe Schüler an der Bushalte. Völligst fasziniert von mir. Haben eine Delegation entsandt, um mich ein paar Sachen zu fragen. Irgendwann kam dann der „Schulbus from Hell“ angefahren. Den dröhnenden Bass hörte man schon von weitem. Der Bus war bunt besprüht wie üblich in Panama. Zwei Auspuffe waren senkrecht am Heck angebracht und ragten über das Dach hinaus. Als er über den Hügel kam, blinkte einfach alles an der Frontseite. Einige Fenster waren offen. Der Beat schallte über die Straße. Hörte sich an, als wenn Busta Rhymes persönlich diesen Bus gefahren wäre.

Ich musste unfreiwillig mit dem Kopf nicken und ein wenig auf der Straße tanzen. Die Kinder waren auch sehr erfreut und sind so vergnügt in den Bus gestiegen, wie eine Horde Lemminge, die gerade eine Gaskammer entdeckt haben. Keine Ahnung was dann passiert ist. Der Bus bog ab, fuhr 150m, dann sind alle Kinder wieder ausgestiegen und zur Bushaltestelle zurück gelaufen. Naja, war wohl nicht die richtige Richtung, aber die Musik hat gefetzt.

Meinen letzten Dollar habe ich dann für 30 Minuten Internet ausgegeben und bin nach Panama City getrampt. Trampen durch Städte ist ja immer sone Sache. Hier hab ich erst einen Autobus abgefangen. Der Rattenfänger (die Menschen die andere Menschen dazu bewegen in den Bus zu steigen) gab sich als Mr. „Panama Kanal“ aus. Danke fürs mitnehmen „Panama Kanal“. Eine Frau half mir mit ihrer Karte in die Metro zu kommen und ich fuhr bis zur Endstation. Navigation war einfach, weil Panama City nur eine Metro Linie hat. Ein paar Lifts und ich stand hinter der Stadt. Das war nicht so schwer.

Geschlängelte Strasse und Unfall im Dschungel.
Geschlängelte Strasse und Unfall im Dschungel. Da wurden wir gerade rausgezogen.

Der langsamste Lift meines Lebens

Es war bereits Dämmerung. Ich rauchte gerade eine Zigarette, als dieser kleine Toyota Transporter losfuhr. Ich musste etwas rennen, um ihn noch zu erreichen. Wo hin geht’s? 400Km Richtung Grenze? Prima. Und ich kann mitfahren? Was ein schöner Nachtlift. Henry, der Fahrer, meinte aber, er müsse langsam fahren, weil es ein Problem mit den Reifen gäbe. Mit langsam habe ich kein Problem. Ich habe noch nie einen Lift abgelehnt, weil er zu langsam ist. Und so fuhren wir los. Mit 40 km/h. 40…..das war wirklich langsam. Henry konnte nicht schneller und die ganze Skurrilität der Geschichte wurde noch gesteigert, als er meinte, dass er ins 2500km entfernte El Salvador fährt und wir in fünf Tage dort ankommen. 2500Km mit 40km/h. Muß man sich erstmal durch den Kopf gehen lassen. El Salvador lag genau auf meiner Route. Ich dachte mir nur, da hab ich einen sicheren Lift. Zentralamerika in eine Lift durchquert, entspannt und easy. Hörte sich gut an für mich.

Bald kamen wir in eine Polizeikontrolle. Ich hatte keinen Gurt an, weil der kaputt war. Der Polizist, er ah aus wie Kojak persönlich, beugte sich freundlich ins Fenster. Wieso ich denn keinen Gurt hätte? Und das sei verboten.“ Bißchen Palaver folgte. Irgendwann fragende Gesichter. Was machen wir denn jetzt? „Wie wärs denn mit einem Kaffe?“ meinte der Polizist. „Kaffee“, fragte Henry ungläubig, „für einen Dollar?“ „Ja, für einen Dollar.“ Und so bezahlten wir einen Dollar und fuhren davon. Bestechung in Panama scheint ein lustiges Geschäft zu sein. Henry erzählte mir später noch, dass er bei einer anderen Kontrolle eine Packung Bonbons im Tausch gegen Weiterfahrt vereinbarte.

Nach einem kleinen Nickerchen war morgens um fünf Weiterfahren angesagt. Wir hatten einen langen Weg vor uns. Meine innere Unruhe entschied, dass ich doch keinen Bock hatte 5 Tage mit Henry zu fahren und 40 km/h sowieso viel zu langsam wären. An der Grenze zu Costa Rica ergriff ich die Chance und trampte ohne ihn weiter. 2-3 Lifts später stand ich irgendwo an der Küste. Bin mit einem pensionierten Amerikaner gefahren, der nun in Costa Rica wohnt und gerade vom surfen kam. Ansonsten war es schwierig. Ein erster Stinkefinger, seit gefühlt Spanien, kam mir auch unter die Nase. Gezeigt von irgendeinem alten Sack. Ich dachte mir, schlimmer als Amerika kann nur ein Land voll mit amerikanischen Rentnern sein. Zumindest zum Trampen. Irgendwann kam Henry dann wieder mit seinen kaputten Reifen angehüpft. Sein kleiner Toyota LKW eierte mit seinen 40km/h auf mich zu und sammelte mich ein, wie das Safety Car in der Formel eins.

Palmöl Plantagen in Costa Rica.
Palmöl Plantagen in Costa Rica.

Wir sollten noch bis spät in die Nacht fahren. Insbesondere die letzten 60km (2 Stunden) waren ziemlich nervenaufreibend. Es war Freitag Abend, die Leute anscheinend nicht sehr begeistert, dass wir da auf der Hauptstraße vor ihnen her krochen. Und Henry schaffte es manchmal nicht, die Spur zu wechseln. Alle überholten uns rechts, viel Geschrei, viel Geschimpfe und Henry fuhr streckenweise mit 30-35km/h um die Autos hinter und „vorbeizulassen“. Als wenn die nicht von alleine überholen könnten. Er war ein netter Kerl, fuhr aber wie ein kleines Mädchen und ich musste raus aus diesem Auto. Das machte mich Wahnsinnig. Ich wollte die Nacht nutzen, um zur Grenze mit Nicaragua zu kommen. Und hier tat sich wieder eine Episode „Die Reise gibt dir, was du brauchst“ auf…..

Bedürfnisbefriedigung auf der Straße

In den zwei Tagen mit Henry hatte ich nicht viel gegessen. Kein Geld. Kaum getrunken.Mein Zustand war desolat, aber ich war mal wieder zu faul um anzuhalten und mich zu organisieren. Da war Verkehr und ich musste voran kommen und Zigaretten hatte ich noch, gegen den Hunger und für die Nerven. Habe einen LKW gefragt, die waren aber voll. Als ich so wartete, kam einer der 3 Jungs von diesem LKW zu mir und hat mir umgerechnet 3 Dollar in die Hand gedrückt. Ich war hocherfreut, weil ich mir davon Wasser kaufen konnte. Letztendlich sollte mir das Geld an der Grenze den Arsch retten, weil ich da eine der berühmten Ausreisebearbeitungsgebühren zahlen musste und natürlich keinen Cent bei mir hatte. Nach einer Minute kam mein Kollege nochmal an und drückte mir eine ganze Packung Schokokekse in die Hand. Wow. Essen.

Dann gings weiter. Ich trampte an einer Baustellen einfahrt unter einem sehr hellen Licht (war schon Nacht). Ein Chauffeur mit seiner Limousine hielt an und nahm mich in die nächste Stadt mit. Als ich die Tür schon fast zugeschmissen hatte, fragte er beim Aussteigen noch, ob ich Wasser wolle? Klaro. Genau was ich gebrauchen kann. Er gab mir 3 Flaschen Wasser. Taschengeld, Essen und Wasser. So stand ich dann am Ortsende und war eigentlich zufrieden. Eigentlich. Denn dann kam die Krönung.

Das Dixie-Klo eurer Träume.
Das Dixie-Klo eurer Träume.

Es wehte ein starker Wind, die Straße war abermals hell erleuchtet von Strahlern einer Baustelle. Und da stand dann die Erfüllung meines letzten Wunsches. Ein Dixie-Klo. Die Tür stand weit offen und bewegte sich im Wind, wie als würde das Klo zu mir sprechen: „Komm her und scheiß mich zu. Ich bin nur für dich da.“ Es war die Offenbarung. Adams Apfel. Verführerisch. Durch den starken Wind im Inneren gut belüftet. Das Paradies hatte sich mir eröffnet.

Die Nacht lief auch super und ich sollte an der Grenze ankommen und sogar Zeit haben ein Nickerchen zu machen, da sie erst zwei Stunden später öffnen sollte. So richtig erfreut war ich jedoch nicht, als ich an der Immigration ankam und da schon mindestens 100 Menschen dort standen, saßen, schliefen und auf die morgendliche Öffnung der Grenze warteten. Aus zwei Stunden warten, wurden letztendlich drei Stunden schlafen, ehe ich mich zur Grenzüberquerung machte.

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