15 000 km durch China Trampen (3/5); Polizei-Intervention

Polizeiintervention China

13.05.2016, 19:35 Uhr, Guad An

Ich nehme Fahrt auf und die Ereignisse überschlagen sich. Muss gerade mal eine Pause machen und das festhalten. Also heute morgen, alles nach Plan, 6 Uhr aufwachen, 6:45 Uhr waren dann meine Fahrer auch bereit. Lecker Suppe gefrühstückt und dann 4,5 Stunden gefahren. An den Raststätten war nichts los und wir sind letztendlich an der Ausfahrt gelandet. Meine Fahrer wollten leider nicht gehen, ehe sie mir einen Lift klargemacht haben. Wir wählten nicht die beste Taktik und ich durfte mich nicht an den Straßenrand stellen. Zu gefährlich. Also warteten wir auf der Zufahrt einer Tollstation, ganz am linken Rand und riefen zu den Autos, ob die in meine Richtung fahren. Das hat dann 45 Minuten gedauert. Nachdem ich mehrmals gesagt habe, dass sie gehen können, kam dann irgendwann die Einsicht und sie sind abgedüst. Vorerst.

Eigentlich war alles abgesprochen mit den Angestellten vor Ort. Alsbald tauchte dann aber die Polizeistation mit allen Mitarbeitern auf, machten Fotos mit mir, verständigten sich erfolglos und brachten mir etwas zu Essen. War schon wieder Mittagszeit. Suppe, Reis, Fleisch und Gemüse. Ich hatte eigentlich keinen Hunger, aber auch sonst nichts Besseres zu tun. Und wenn man nicht weiß, wann die nächste Mahlzeit ansteht, dann nimmt man alles mit. Ich glaube eine der Sachen, die sie mir gebracht haben, war Lunge. Hab ich noch nie gegessen, hat aber ein wenig wie Kohl geschmeckt und ich musste später würzig aufstossen.

Irgendwann kam dann auch mein Fahrer wieder, um zu schauen ob ich schon weg bin. Da saß ich nun, zwischen den Polizisten, mit drei Pappschüsseln am Straßenrand und mampfte mein Mittagessen. Mein brachte mich an den lebendigsten Rasthof, den ich je gesehen habe. Ich war aber froh, dass ich wieder auf der Autobahn war. Zum Abschied schenkte er mir Süßigkeiten für meine Provianttüte.

Da auf dem Rasthof soviel Trubel herrschte bin ich ohne zu zögern auf die Autobahn gelaufen. Das zweite Auto hat angehalten. Zweimal hintereinander. In China kann man also auch direkt auf der Autobahn stehen. Alles kein Ding. Beim zweiten Mal hat mein Fahrer allerdings gefühlt 5km hinter mir gestoppt. Ich bin normalerweise sehr gut zu Fuß und renne immer zum stehenden Auto. Aber das hat mich wirklich überfordert. Ich joggte Richtung Auto und musste drei mal Pause machen, weil es so weit war. Wenigstens hat er mich 100km weit mitgenommen. Als ich ausgestiegen bin, hat er mir noch 200 Yen (40€) „für den Weg“ mitgegeben. Neues Geld. Hab ich gerne genommen. Auch weil er es aus einem sehr dicken Bündel entnommen hat. Das waren locker mal 1000€-2000€, die er da einstecken hatte.

Anschließend nahm das Unglück seinen Lauf. Ich stand irgendwann innerstädtisch an einer Toll Station, hab meinen Daumen raus gehalten und ein mittleres Verkehrschaos angerichtet, weil drei Autos gleichzeitig angehalten haben. Wille zum mitnehmen kann man den Chinesen auf jedenfall nicht absprechen. Tja und dann Kommunikationschaos. Ich erkläre, dass ich auf eine Raste will. Fahrer mit Bus versteht nicht. Ich geh zum nächsten Auto. Er kommt mir nach gefahren. Fahrer im Bus deutet mir an, dass ich einsteigen soll. Beim Einsteigen hab ich schon gesehen, dass da ziemlich viele alte Leute drin sitze. Meinte dann noch „no Money“ und dachte das geht klar.

Ich hatte ein bisschen schlechtes Gewissen und als wir an der Raste ankamen. Eine gute Geste kann nicht schaden. Hab ihm Süßigkeiten hingehalten, davon hatte ich ja genug. Lecker Kekse. Die hat er aber dankend abgelehnt. Er wollte Geld. Und ich hab ihm gesagt, dass ich kein Geld habe. Natürlich hatte ich gerade Geld geschenkt bekommen, aber das würde ich sicher keinem Taxi Fahrer in den Rachen werfen. Geht ums Prinzip und solche Situationen hatte ich schon öfter. Naja und dann gings los. Wir diskutierten rum, ich erklärte ihm, dass ich wirklich nichts habe. Hab alle meine Taschen gezeigt. Als er mein Handy sah, hat er danach gegriffen. Spätestens hier hatte er sich die Möglichkeit einer gütlichen Einigung verspielt. Will der mein Handy für ein paar km Autobahn, die er sowieso gefahren wäre? Idiot.

Irgendwann wollte ich aussteigen, wurde von ihm zurück gehalten, wieder hingesetzt, Türen verriegelt und er ist einfach losgefahren. Ich war gefangen. Wurde entführt. Zur Polizei. Keine Ahnung was sein Plan war. Aber mich brachte das etwas in die Bredouille. Wer einmal anfängt zu Lügen, der kommt da nicht mehr so schnell raus, nech? Ich hatte diese 200 Yen in meinem Reisepass liegen. Das würde zum Problem werden, wenn die meine Personalien aufnehmen. Außerdem hatte ich mich nie registriert in China. Dass soll man 2-4 Tage nach der Einreise machen. Scheiß Situation. Ich hab mich schon am Ende meines Trips gesehen. Kurz vor der Ausweisung quasi. Ob die mich wohl in einen Flieger setzen werden? Ob ich ne Strafe zahlen muss? Im Gefängnis bleiben werde? Erstmal einen Keks essen und so tun, als ob mich das alles nicht juckt.

Ich hab bei der Polizei erklärt, dass ich trampen war, kein Geld habe und er gesagt hat, ich soll reinkommen (er hat gesehen, dass ich auch mit anderen Autos geredet habe, hat aber gewartet und mich zweimal angesprochen! Come on…). Damit die ganze Situation nicht eskaliert, bin ich übrigens erstmal aufs Klo. Musste sehr dringend…das Geld aus meinem Reisepass nehmen und in das Batteriefach meiner Kamera packen. Als ich zurück kam, ging es dann gleich zur Passkontrolle. Das Ganze hat dann gedauert. Lange gedauert. Hab noch ein paar Kekse gegessen und mir die ganze Szene abwartend angeschaut. Taxigesellschaft hat geraucht, wie sich das für gute Chinesen gehört und der Fahrer….keine Ahnung was sein Plan war.

Allgemein war er ziemlich sauer, ich konnte aber schon im Auto auf seinem Gesicht diese kurzen Momente der Unsicherheit ablesen. Diese Moment wo sich zeigt, dass er selber nicht sicher ist, ob diese Scheißaktion so okay ist. Wo für einen kurzen Moment ein Verlegenheitslachen hochkommt. Ich leider keine Sympathien mehr für ihn übrig und fand das auch voll okay, dass er mir, seinen Fahrgästen und den Polizisten nun unnötig Mühe machte und sich dabei zusehens dümmer vorkam. Irgendwann war dann der große Polizei Endboss da. Meine Strafe stand nun kurz bevor. Es gab kurzen Prozess. Er unterhielt sich mit dem Taxifahrer. Kurze Situation erläutert. Ich hab nix verstanden, aber der Polizeichef fragte ihn irgendwann vorwurfsvoll: „Ja, warum hast du ihn denn überhaupt mitgenommen?“. Dann hat er kurz mit seinem Finger nach draußen gezeigt, mein Widersacher des Raumes verwiesen und die Reisegesellschaft ist abgedampft. Ich blieb alleine zurück. Werde ich nun eingesperrt?

„Where are you going?“ wurde ich mit Google Translate gefragt. Hab ihnen meine Richtung gesagt. „Do you need help?“ Hilfe? Nene, wieso soll ich denn Hilfe brauchen? Aber da war schon klar, dass ich keine Nacht in einer gemütlichen Zelle mit kostenlosem Essen erhalten werde. Kam mir eher so vor, als ob die auch mich loswerden wollten. Hab dann angeboten, dass ich zum Rasthof zurück laufen kann. Polizei hat eingewilligt. So bin ich wieder hier. Erstmal ein paar Kekse essen, mich von dem Stress erholen und dann geht es weiter!

14.05.2016, 08:44, Wuhan

Gute Nacht gehabt. Erst mit einem Trucker gefahren, der auf eine Fähre unterwegs war. Hätte zwei Tage auf dem Yangtze River schippern können. Eigentlich ne geile Sache, aber dazu hab ich jetzt keine Zeit. Und ich war schon auf anderen großen Flüssen unterwegs. Muss Meter machen. War auch die Richtige Entscheidung. Hab direkt einen Kleintransporter mit vier Herren abgefangen, die 1400km nach Shanghai unterwegs waren. Nachtlift. Siduhe Brücken Checkpoint mitgenommen und nun 700km weiter in Wuhan rausgekommen.

5 Comments

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.