Aus meinem Leben auf der Straße

Reisen ist kein Urlaub. Reisen ist manchmal harte Arbeit. Ein neuer Ort erfordert immer wieder neue Orientierung, wo kann ich schlafen, wo krieg ich was zu essen her, wo bekomme ich die Infos für meinen nächsten Schritt. Die letzten Tage waren diesbezüglich fantastisch für mich und ich dachte mir, es mag lohnenswert sein, dies einmal zu dokumentieren. Das richtet sich auch eher an die Menschen, die sich nicht so richtig vorstellen können, wie mein Leben gerade aussieht und wie ich so durch die Welt ziehe.

Am Anfang war der Frust

Nach Weihnachten saß ich in St. Maarten, relativ konsterniert, weil sich keine Möglichkeit für den nächsten Lift angeboten hat und ich auf dieser Insel sowieso schon solange stecken geblieben bin. In einem Internetforum hab ich dann über einen Boottransfer nach Süden einen Kontakt mit Mat aus England bekommen. Er meinte sie brauchen dringend jemanden in 48h um eine delivery crew zu ersetzen. Sie würden mir auch den Flug nach Antigua bezahlen. Ich rief also eine englische Nummer an und sprach mit Mat, buchte 10 Minuten später meinen Flug und flog zwei Tage später von St. Maarten nach Antigua.

Neuer Ort, neues Glück. Ich bin daraufhin einmal über die Insel nach Süden getrampt um zu dem abgesprochenen Hafen zu kommen. Der Flug kam um 9 Uhr morgens an, das Boot sollte gegen Mittag da sein. Letztendlich kam das Boot am nächsten Morgen um 8 Uhr an. Ich hab also die Nacht über in meinem Zelt geschlafen, was ich im Garten eines Hotels aufgeschlagen hatte. Es waren gerade keine Gäste da. Mein Zelt brauch immer zwei Punkte zum „aufspannen“. Ein Baum und eine Gartenliege reichten für die Konstruktion.

Das Boot kam an und ich ging an Board. Wir hatten einen relativ harten Turn Richtung Süden. Wenig Schlaf, nie mehr als 2-3 Stunden am Stück für die nächsten 48 Stunden. Sylvester hab ich nur über das VHF Radio mitbekommen, als irgendjemand „Happy New Year all“ über den Hauptkanal gebrüllt hat. Ansonsten lag ich im Bett und hab versucht zwischen meiner Nachwache zu schlafen. Am nächsten Tag waren wir in St. Vincent.

Dann wirst du plötzlich eingeladen

Wenn man vom Boot geht, fängt die Orientierung wieder an. Für mich war klar, dass ich eine Insel weiter südlich wollte. Nach Bequia, es fährt eine rostige Fähre für etwas weniger als 10€. Wir gingen also von Board und wurde von John empfangen, der eine Boot-Charter-Firma hat und unser Transfer-Boot noch am gleichen Tag an Chartergäste vermieten wollte. Er war sehr glücklich über unsere pünktliche Ankunft. Wir durften eine Dusche an der Marina nehmen und danach fuhren wir an den Flughafen für den ganzen Immigration Kram. Glücklicherweise war John dabei, der kennt die Leute vor Ort und wir hatten keine Probleme uns vom Boot schreiben zu lassen. Normalerweise ist es in der Karibik schwierig Inseln zu betreten, ohne die Ausreise nachweisen zu können. Nicht mit John.

Danach fuhren wir in ein Hotel/Restaurant am Strand (traumhaft) und John meinte er hat einen Deckel für uns, wo wir kostenlos Essen und trinken konnten, als Geste der Dankbarkeit für den Boottransport. Es war 2 Uhr Mittags. Ich schlug mir also den Magen voll mit Conch (Koncha in Deutsch). Conch ist sone Art Muschelfleisch, sau teuer, aber so ziemlich das leckerste Fleisch, was ich bisher in meinem Leben gegessen habe. Es schmeckt ein bißchen wie Rind und hat noch einen nachgeschmack, der an überbackenen Käse erinnert. Das alles umsonst, dazu noch etwas Rumpunsch und ich war schon gut angetrunken, als mich um fünf das bestellte Taxi abholte und zur Fähre transferierte. Alles auf kosten der Cruiser Company natürlich.

Du merkst wie klein die Welt doch ist

Auf der Fähre wurde es schon dunkel, ich hab mir dort zwei Bier genehmigt und ich betrat Bequia am Abend ohne irgendeinen Plan, etwas betrunken aber zuversichtlich. Ich bin dann zuerst in die Strandbars und habe nach Seglern ausschau gehalten, weil ich ja den nächsten Lift brauchte. Die ersten Leute die ich angequatscht habe, waren drei Schweden, mit denen ich ein Bier trinken gegangen bin. Nach 5 Minuten ist mir aufgefallen, dass ich die Leute kenne. Die sind von einem Boot Namens Fairy Winds! Ich bin ihnen auf Facebook gefolgt, weil ich schon in Spanien auf dieses Boot wollte. Die Welt ist klein.

Nach ein paar Bier wusste ich, dass die nach Trinitad fahren, also genau meine Richtung. Ich fragte ob ich mit kann. Frederik, der Kapitän, war sich nicht sicher und wollte das erst mit der Crew absprechen. Mein Arbeitstag war zuende und ich machte mich auf den Weg, einen Schlafplatz zu finden. Ich hab seit fast 3 Monaten genau eine Nacht in einem Hotel oder dergleichen verbracht und auch gestern sollte ich wieder ein glückliches Händchen haben.

Und du findest dich im Paradies wieder

Hier direkt am paradisisch, blauen Sandstrand liegt ein verlassener Hotelkomplex, mit kleinen Holzhütten und einem wunderbaren Palmengarten. Dort wollte ich irgendwo mein Zelt aufschlagen, allerdings hingen da Leute rum und hörten Musik, die Security. Ich bin dann zu den Jungs, wir haben gequatscht, sie heißen Sebastian und Sharkman aka Mama. Nach 10 Minuten waren wir dicke miteinander, Sebastian drehte einen Joint von der neuesten Ernte aus St. Vincent und natürlich war es kein Problem für sie, wenn ich mein Zelt irgendwo auf dem ca. drei Hektar großen Gelände aufschlage. Wunderbare Palmen, guter Untergrund direkt an der Lagune mit dem strahlend blauen Wasser und das alles umsonst. Ich hatte eine sehr erholsame Nacht.

Heute morgen bin ich dann aufgestanden, hab eine Spaziergang am Strand gemacht und dort einen Belgier getroffen, der mir schon in Teneriffa über den Weg gelaufen ist und auch mit einem Boot über den Atlantik getrampt ist. Fühlte sich an wie zu Hause und ein guter Ort ein neues Boot zu finden. Danach hab ich mir ein paar Früchte gekauft und etwas zu trinken: Billiges Frühstück. Anschließend bin durch die Bars gezogen um meine Elektronik aufzuladen und etwas Internet zu haben. Vor einer halben Stunde habe ich die Schweden wieder getroffen und die erklärte mir, sie würden mich mitnehmen. Wir legen also morgen ab Richtung Trinidad, machen eventuell noch einen Stop in den Union Island zum tauchen und ich werde in vier Tagen meinen Fuß in Port of Spain setzen und endlich Land betreten.

Das waren also meine letzten vier Tage. Vom ernüchterneden Happy Hour Bier in St. Maarten bis zum letzten Lift vor dem südamerikanischen Festland. Alles ging ganz schnell. Ich hab einen überaus komfortablen Schlafplatz und die Reise hat mir alles gegeben, was ich brauchte. Läuft nicht immer so, aber eine überaus freudige Aneinanderreihung von Zufällen.

Tja und so sieht mein Leben im Moment aus. In drei bis vier Tagen werde ich dann in Trinitad sein und die Orientierung geht von neuem los. Wie das eben so ist, beim Reisen.

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